30. Oktober 2025 | 12:14 Uhr
Teilen
Mailen

Wie Norwegens Küstenorte von der Postschiffroute profitieren

Laut einer neuen Analyse des Beratungsunternehmens Menon Economics trägt die Postschiffroute von Hurtigruten jährlich rund 219 Millionen Euro zur Wertschöpfung in norwegischen Küstengemeinden bei. Mehr als 4.000 Arbeitsplätze würden direkt und indirekt unterstützt, so die Reederei.

Hurtigruten Otto Sverdrup Foto Agurtxane Concellon.jpg

Die Finnmarken ist eines der zehn Hurtigruten-Schiffe, die entlang der norwegischen Küste fahren

Die Studie der Beratungsgesellschaft, der sogenannte "Ripple Report", betont, dass die wirtschaftlichen Effekte weit über die großen Häfen hinausreichten. Hurtigruten läuft mit den Postschiffen 34 Küstenorte an, von denen viele nur wenige Hundert Einwohner haben. Dort profitierten lokale Geschäfte, Produzenten und Dienstleister direkt von den touristischen Einnahmen, so das Unternehmen.

Im Jahr 2024 zählte Hurtigruten rund 200.000 Gäste, die für insgesamt 684.000 Übernachtungen an Bord sorgten. Insgesamt würden dadurch über 4.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze unterstützt, heißt es. Rund 70 lokale Lebensmittel- und Getränkeproduzenten belieferten die Schiffe mit Zutaten für mehr als drei Millionen Mahlzeiten. Zudem habe die Flotte 47.000 Frachtlieferungen zwischen Bergen und Kirkenes transportiert, was die anhaltende Bedeutung der Route für die norwegische Infrastruktur belege.

Stütze lokaler Unternehmen

Die lokale Wertschöpfung werde im kleinen Fischerdorf Kjøllefjord besonders deutlich, so die Analyse weiter. Dort gründete Jan Olav Evensen vor 18 Jahren das Unternehmen Arctic Coast, das Schneemobil-Touren und samische Kulturerlebnisse anbietet. Durch die Kooperation mit Hurtigruten konnte er ganzjährige Arbeitsplätze schaffen. "Ohne die regelmäßigen Anläufe der Schiffe gäbe es unser Angebot in dieser Form nicht", sagt Evensen.

Mit durchschnittlich 500 Passagieren pro Schiff setzt Hurtigruten auf ein Modell, das gezielt kleinere Orte einbindet und auf große Kreuzfahrtanläufe verzichtet. Diese Strategie sei nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich tragfähig, analysiert der „Ripple Report“. Durch den Kauf lokaler Waren und Dienstleistungen entstünden Synergieeffekte, von denen die Gemeinden unmittelbar profitierten.

Neue Initiative "Open Village"

Ab 2026 will Hurtigruten diesen Ansatz mit der Initiative "Open Village”"weiter ausbauen. Gäste der sogenannten Signature-Reisen sollen zwischen Mai und September abgelegene Dörfer wie Træna, Bessaker und Sæbø besuchen und dort lokale Traditionen, hausgemachte Küche und kulturelle Aktivitäten erleben – ohne Aufpreis. Für jeden Gast fließen laut Hurtigruten rund 20 Euro direkt an lokale Betriebe. So sollen Einnahmen gerechter verteilt und das Gemeindeleben vor Ort gestärkt werden.

Die Studie und die neuen Initiativen dürften nicht zuletzt dazu dienen, dem Postschiffbetreiber zusätzliche Argumente im Kampf um die Unterstützung durch den norwegischen Staat zu beschaffen. Denn die staatlichen Zuschüsse stehen immer wieder zur Diskussion, wie auch ein im September veröffentlichter Bericht des Schweizerischen SRF unterstreicht. Die Bewohner entlang der norwegischen Küste werden die Debatte mit Spannung verfolgen.

Christian Schmicke

Newsletter kostenlos bestellen

Ja, ich möchte den Newsletter täglich lesen. Ich erhalte ihn kostenfrei und kann der Bestellung jederzeit formlos widersprechen. Meine E-Mail-Adresse wird ausschließlich zum Versand des Newsletters und zur Erfolgsmessung genutzt und nicht an Dritte weitergegeben. Damit bin ich einverstanden und akzeptiere die Datenschutzerklärung.