15. August 2025 | 13:42 Uhr
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Nach Bahnchef-Entlasssung wächst der Druck zu Reformen

Nach dem vorzeitigen Aus von Bahnchef Richard Lutz fordert die Politik weitreichende Reformen. Verkehrsminister Patrick Schnieder will bis Ende September eine neue Spitze präsentieren und zuvor seine Agenda für die Bahn vorstellen. Neben Milliarden für das Schienennetz mahnt der Fahrgastverband Pro Bahn strukturelle Änderungen, mehr Transparenz und klare Vorgaben durch das Ministerium an.

Bahntower

Der Druck, die Bahn grundlegend zu reformieren, wächst

Verkehrsminister Patrick Schnieder hat Bahnchef Richard Lutz vorzeitig abgelöst. Der CDU-Politiker begründete den Schritt mit der "dramatischen Lage" des bundeseigenen Konzerns. Lutz Vertrag wäre eigentlich bis 2027 gelaufen; nun soll er im Amt bleiben, bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger feststeht. Im Idealfall soll die Personalentscheidung bis zum 22. September fallen, wenn Schnieder seine "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene" vorstellt.

Die Personalie wird die Bahn zunächst einmal zusätzlich Geld kosten. Denn wie auch bei anderen Arbeitgebern ist in den Verträgen verankert, dass Vorstandsmitglieder einen Anspruch auf eine angemessene Abfindung bei Beendigung der organschaftlichen Bestellung vor dem vertraglich festgelegten Zeitpunkt haben, wenn kein von ihnen zu vertretender wichtiger Grund vorliegt. Lutz verdiente 2024 rund 1,4 Millionen Euro als Festgehalt und gut 700.000 Euro als variable Vergütung.

Forderungen nach Investitionen und Strukturreformen

Die Grünen im Bundestag begrüßten den Wechsel, mahnten jedoch, damit allein sei es nicht getan. "Massive Investitionen in die Schiene" seien erforderlich, erklärte Fraktionsvize Julia Verlinden gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie warf der Regierung vor, bisher vor allem Maßnahmen beschlossen zu haben, die den Bahnverkehr schwächen – etwa die Streichung günstiger Familienreservierungen oder die Rücknahme von Finanzmitteln aus der Lkw-Maut.

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn sieht in Lutz’ Abgang allein keine Lösung. Viele gute Ideen seien schon in den mittleren Führungsebenen versandet. Diese "Lehmschicht" blockiere seit Jahren Innovationen. Der Verband fordert, dass das Verkehrsministerium seine Steuerungsfunktion stärker wahrnimmt, klare Vorgaben macht und eine verlässliche Finanzierung sichert. Das bisherige Sondervermögen kritisiert Pro Bahn als weitgehend aus dem Regelhaushalt umgeschichtet.

Kritik an Bahnchef-Bilanz

Richard Lutz stand seit 2017 an der Spitze der Bahn und verbrachte nahezu seine gesamte Karriere im Konzern. Unter seiner Führung verschärfte sich die Krise: Hohe Verluste, unpünktliche Fernzüge und Rückzüge aus dem Regional- und Güterverkehr prägten seine Amtszeit. Die Generalsanierung des Netzes wurde zwar angestoßen, aber bereits zeitlich bis 2036 gestreckt. Wichtige Ziele wie eine Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 gelten als unerreichbar.

Verbände wie Die Güterbahnen und die Allianz pro Schiene sehen in Lutz Abgang die Chance für einen Neuanfang. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer sprach von einer „notwendigen Konsequenz des jahrelangen Missmanagements“. Pro Bahn mahnt zudem einen neuen Kommunikationsstil an: Probleme müssten klar benannt statt beschönigt werden. Als Warnung nennt der Verband das Fehmarnbelt-Projekt, bei dem Schwierigkeiten lange kleingeredet worden seien.

Für die Nachfolge fordert Pro Bahn Fachleute statt politischer Quereinsteiger. Experimente wie mit dem früheren Kanzleramtschef Ronald Pofalla dürften sich nicht wiederholen, so der Fahrgastverband. Trotz Kritik würdigte der Verband die persönliche Zusammenarbeit mit Lutz als konstruktiv. Klar ist indes: Mit dem Führungswechsel wächst der Druck auf den Minister, innerhalb weniger Wochen eine tragfähige Strategie und die passende Leitung für den Konzern zu präsentieren.

Christian Schmicke

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