12. Juni 2025 | 14:18 Uhr
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Bahnpreise sorgen weiter für Diskussionen

Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Juni streicht die Deutsche Bahn die günstige Familienreservierung und erhöht zugleich die Gebühren für Sitzplatzbuchungen. Eine vierköpfige Familie zahlt künftig mehr als doppelt so viel wie bisher. Politiker und Verbände kritisieren die Maßnahme und warnen vor sozialen und ökologischen Folgen. Beim Deutschlandticket verschärft sich die Debatte um die Finanzierung.

Bahn Fahrkartenautomat

Bahnpreise: Die Abschaffung der Familienreservierung und das Deutschlandticket sorgen für Debatten

Hintergrund der Debatte: Künftig müssen auch Kinder für die Reservierung eines Sitzplatzes zahlen. Für eine vierköpfige Familie werden dann 22 Euro pro Strecke fällig – bisher waren es 10,40 Euro. Für Hin- und Rückfahrt summieren sich die Reservierungskosten auf 44 Euro zusätzlich zum Fahrpreis.

Die Maßnahme trifft auf breiten Widerstand. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge nannte den Schritt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) "einen schweren Fehler" und sprach von einem "klaren Auftrag" an die Bundesregierung, die Bahnpolitik familien- und klimafreundlicher zu gestalten. "Wer den Umstieg auf die Schiene will, muss ihn einfacher und bezahlbarer machen – nicht komplizierter und teurer", sagte sie.

Sozial und ökologisch problematisch

Auch aus anderen Parteien kommt scharfe Kritik. Linken-Politiker Luigi Pantisano bezeichnete die Entscheidung als "Schnapsidee" und forderte die Bahn auf, die Familienreservierung nicht nur beizubehalten, sondern die Kosten dafür ganz abzuschaffen. Die Kritik wird von mehreren Verbänden gestützt.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt laut RND vor negativen Folgen für das Klima. Familien könnten durch die zusätzlichen Kosten abgeschreckt werden und wieder auf das Auto umsteigen, sagte die VCD-Vorsitzende Kerstin Haarmann. Sie kritisierte zudem die kurzfristigen Rabattaktionen der Bahn und forderte stattdessen dauerhaft erschwingliche Angebote.

Bahn bleibt bei ihrer Linie

Trotz der Kritik hält die Bahn an ihrem Kurs fest. Eine Sprecherin erklärte dem Spiegel, die Familienreservierung werde wie angekündigt abgeschafft. Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre reisten weiterhin kostenfrei, müssten aber nun auch für eine Platzreservierung zahlen. Die Bahn verwies auf ihre angespannte wirtschaftliche Lage und begründete die Maßnahme mit der Notwendigkeit wirtschaftlicher Tragfähigkeit.

Im Jahr 2024 hatte der Konzern ein Minus von 1,8 Milliarden Euro verbucht. Teil des Sparprogramms "S3" ist auch die Überprüfung und Anpassung einzelner Preisbestandteile.

Deutschlandticket unter Druck

Parallel zur Debatte um die Familienreservierung gerät auch das Deutschlandticket erneut in den Fokus. Die geplante Fortführung zum Preis von 58 Euro pro Monat bis 2029 ist politisch umstritten. Zwar finanzieren Bund und Länder das Ticket derzeit je zur Hälfte mit insgesamt drei Milliarden Euro jährlich, doch die Mittel dürften auf Dauer nicht ausreichen.

Einigkeit über die künftige Finanzierung besteht nicht. Thüringen fordert eine vollständige Kostenübernahme durch den Bund, andere Länder wie Sachsen lehnen einen höheren Landesanteil angesichts knapper Haushalte ab. Niedersachsen hält die hälftige Verteilung dagegen für angemessen. Der grüne NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer warnte vor einer einseitigen Belastung der Länder.

Entscheidung im Sommer erwartet

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) lehnt die Bereitstellung zusätzlicher Bundesmittel ab. Er besteht auf einer gleichmäßigen Finanzierung durch Bund und Länder. Damit droht eine festgefahrene Verhandlungslage.

Eine Sonderkonferenz der Verkehrsminister am 27. Juni soll Klarheit bringen. Spätestens im Oktober will der Bund eine Entscheidung zur Zukunft des Deutschlandtickets präsentieren. Das Angebot, das derzeit 13,5 Millionen Menschen nutzen, steht damit erneut auf der Kippe.

Preiskarussell und Sparpreisoffensive

Während die aktuelle Debatte im Kern um befürchtete oder bereits beschlossene Preiserhöhungen kreist, versucht die Bahn, neue Kunden durch Aktions- und Sparpreise zu gewinnen. Dazu zählen besondere Sparpreise bei Kurzstrecken in Fernverkehrszügen, eine Differenzierung beim Flexpreis, Aktionen für junge und ältere Kunden sowie Vergünstigungen für Bahncard-Inhaber.

Über die Strategie, die die Bahn damit verfolgt, spricht Marketing- und Vertriebsvorständin Stefanie Berk im aktuellen Reise vor9 Podcast. Sicher ist indes: Die komplexe Preisdiskussion wird uns weiter begleiten.

Christian Schmicke

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