EU plant Schnellzugnetz quer durch Europa
Die EU-Kommission will das Reisen mit dem Zug in Europa deutlich beschleunigen. Ein Aktionsplan sieht vor, die Hauptstädte des Kontinents bis 2040 mit Hochgeschwindigkeitsstrecken zu verbinden. So soll etwa die Fahrt von Berlin nach Kopenhagen nur noch vier Stunden dauern.
Renfe
Spanien, hier der Hochgeschwindigkeitszug Ave, gilt im Hinblick auf sein Schnellzugnetz als vorbildlich
Die EU-Kommission hat einen ehrgeizigen Plan vorgestellt, um Bahnreisen in Europa attraktiver zu machen. Bis 2040 sollen die wichtigsten Städte des Kontinents über ein durchgehendes Netz von Hochgeschwindigkeitszügen verbunden werden. Ziel ist es, den Zug als klimafreundliche Alternative zum Flugverkehr zu etablieren.
Kürzere Fahrtzeiten zwischen den Hauptstädten
Künftig sollen Reisende in vier statt sieben Stunden von Berlin nach Kopenhagen fahren können. Die Strecke Berlin – Prag – Wien könnte auf viereinhalb Stunden verkürzt werden. Auch in Süd- und Osteuropa will Brüssel für Tempo sorgen: Zwischen Madrid und Lissabon soll die Reisezeit von neun auf drei Stunden sinken, zwischen Budapest und Bukarest von 15 auf gut sechs Stunden. Selbst das Baltikum soll mit der "Rail-Baltica"-Verbindung erstmals direkt an das westeuropäische Schnellnetz angeschlossen werden.
"Die Verbesserung der Reisezeiten zwischen den Hauptstädten Europas ist ein greifbares und pragmatisches Ergebnis unseres Willens, Europa geeinter und effizienter zu machen", sagte Kommissionsvizepräsident Raffaele Fitto bei der Vorstellung des Plans in Brüssel.
Milliardeninvestitionen nötig
Der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes ist Teil des sogenannten TEN-V-Projekts, mit dem die EU ihre Verkehrsadern modernisieren will. Allein für die Fertigstellung bis 2040 rechnet die Kommission mit Kosten von rund 345 Milliarden Euro. Sollen Züge künftig mit mehr als 250 Stundenkilometern fahren, könnten sich die Ausgaben bis 2050 auf 546 Milliarden Euro summieren.
Finanziert werden soll das Vorhaben durch eine Mischung aus EU-Fördermitteln, privaten Investitionen sowie Krediten der Europäischen Investitionsbank und nationaler Förderbanken. Ein "Hochgeschwindigkeits-Eisenbahn-Deal" soll 2026 die Verpflichtungen aller Beteiligten festschreiben.
Engpässe, Technik und nationale Grenzen
Noch ist der Weg weit. Die Schnellzugnetze Europas sind ungleich verteilt: Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland verfügen über den größten Teil der bestehenden 12.000 Kilometer. In Mittel- und Osteuropa dagegen fehlen moderne Strecken weitgehend. Unterschiedliche Stromsysteme, Signaltechnik und Sicherheitsvorschriften erschweren den grenzüberschreitenden Betrieb. Die EU will deshalb technische Standards vereinheitlichen und der Eisenbahnagentur ERA mehr Kompetenzen bei der Zulassung geben.
Wie ein funktionierendes Hochgeschwindigkeitsnetz aussehen kann, zeigt Spanien. Mit fast 3.900 Kilometern verfügt das Land nach China über das zweitgrößte Netz der Welt. Zwischen Madrid und Sevilla dauert die Fahrt nur zweieinhalb Stunden – fliegen lohnt sich kaum noch. Nun soll Portugal angebunden werden: Die Strecke Lissabon – Madrid soll bis 2034 in drei Stunden zu schaffen sein. Brüssel fördert das Projekt mit fast einer Milliarde Euro.
Mehr Wettbewerb und einfachere Buchung
Neben dem Netzausbau will die EU-Kommission den Bahnmarkt öffnen. Konkurrenz zwischen Anbietern, wie sie in Spanien oder Italien bereits existiert, habe zu sinkenden Preisen und steigenden Fahrgastzahlen geführt, heißt es aus Brüssel. Zugang zu Bahnhöfen, Depots und Ticketing-Systemen soll erleichtert werden, ebenso die Wiederverwendung von Schienenfahrzeugen, um Kosten für neue Betreiber zu senken.
Auch das Buchen von internationalen Zugtickets soll einfacher werden. Eine geplante EU-Verordnung soll digitale Plattformen verpflichten, Fahrkarten verschiedener Anbieter zu integrieren und Fahrgastrechte europaweit zu harmonisieren. Die Deutsche Bahn will bis Ende 2026 im "DB Navigator" grenzüberschreitende Verbindungen nahezu flächendeckend verfügbar machen.
Christian Schmicke