Kreuzfahrtbranche zwischen Feierstimmung und Kritik
Die Kreuzfahrtbranche meldet Rekordzahlen und sieht weiteres Wachstum. Auf der Seatrade-Messe in Hamburg herrscht Einigkeit über die positive Entwicklung. Der Naturschutzbund Nabu wirft den Reedereien indes weiterhin mangelnden Klimaschutz vor. Ein Großteil der Anbieter setze weiterhin auf Schweröl, der Umstieg auf klimafreundliche E-Fuels komme nicht voran.

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Die Kreuzfahrtbranche feiert Rekordumsätze und steht zugleich in der Kritik
Auf der Kreuzfahrtmesse Seatrade in Hamburg zeigten sich führende Branchenvertreter überzeugt, dass die Wachstumsphase der Kreuzfahrt noch lange nicht vorbei ist. "Für die Kreuzfahrt gibt es keine Grenzen", sagte Mystic-Cruises-Chef Ferdinand Strohmeier nach Angaben des Fachportals FVW bei einer Podiumsdiskussion auf der Kreuzfahrtmesse. Man sei der Wachstumstreiber der Touristik, betonte er, und das breite Angebot sichere weiteres Potenzial.
Auch Aida-Chef Felix Eichhorn sprach von Rekordzahlen und verwies auf den europäischen Markt, der zuletzt acht Millionen Gäste zählte und damit weltweit an zweiter Stelle stehe. TUI-Cruises-Chefin Wybcke Meier verwies auf den Ausbau der Flotte: Mit der Mein Schiff Relax und der Flow steigen die Kapazitäten bis 2026 um rund 44 Prozent – was Chance und Herausforderung zugleich sein dürfte. Trotz des kräftigen Wachstums sei die Kreuzfahrt nach wie vor ein Nischensegment innerhalb der Touristik, so Meier. Explora-Journeys-Präsidentin Anna Nash hob die Bedeutung Europas hervor – sowohl als Quellmarkt als auch als Reiseziel. Auch Nordeuropa gewinne stark an Bedeutung.
Ernüchternde Klimabilanz
Auch das Thema Klimaschutz stand im Fokus der Debatte. Zwar investierten Häfen zunehmend in Landstromanlagen, derzeit seien es jedoch nur 14 in Europa, zwölf weitere befänden sich im Ausbau, so Aida-Chef Eichhorn. Er kritisierte die stockende Entwicklung bei alternativen Treibstoffen. Ein Shell-Projekt für nachhaltigen Flug- und Schiffskraftstoff war jüngst gestoppt worden.
Parallel zur Messe veröffentlichte der Naturschutzbund Nabu sein Kreuzfahrtranking. Die Bilanz fällt kritisch aus: Die Mehrheit der Reedereien setzt laut Nabu weiterhin auf Schweröl. Lediglich vier Unternehmen verzichteten konsequent auf den klimaschädlichen Brennstoff. Auch beim Umstieg auf alternative Treibstoffe wie synthetische E-Fuels sieht der Nabu die Branche im Rückstand. Stattdessen setzten viele Reedereien auf "Scheinlösungen" wie Flüssigerdgas oder Biokraftstoffe mit fragwürdiger Klimabilanz. Zwar gebe es Fortschritte etwa bei energieeffizienteren Neubauten oder beim Landstrom in deutschen Häfen, doch von einem grundlegenden Wandel könne keine Rede sein.
"Wirklich mutige Investitionen – etwa in methanolfähige Neubauten – bleiben bislang die Ausnahme", sagt Nabu-Experte Sönke Diesener. Die Branche sei erneut aufgefordert, ihre Klimabelastungen nicht nur zu reduzieren, sondern konsequent in Einklang mit Umwelt und Gesundheit zu wirtschaften. Auf die Plätze eins bis drei des Nabu-Rankings haben es Havila und Hurtigruten geschafft, dahinter folgt die Reederei Ponant. Auf den weiteren Plätzen landen TUI Cruises, Aida, MSC und Hapag-Lloyd.
Christian Schmicke