Ectaa fordert erneut Insolvenzschutz für Airlines
Die Insolvenz von Air Belgium im April bringt die Debatte über eine gesetzliche Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften in Europa erneut in Gang. Der europäische Reisebüro- und Veranstalterverband Ectaa sieht in der Pleite einen weiteren Beleg für die Dringlichkeit einer entsprechenden Regulierung.

Airbus
Die Pleite von Air Belgium veranlassten den europäischen Reisebüro- und Veranstalterverband zur Erneuerung der Forderung nach verpflichtender Kundengeldabsicherung
Air Belgium hatte am 18. September 2023 den Stopp aller Linienflüge angekündigt, um sich auf Fracht- und Leasinggeschäft zu konzentrieren. Nach dem gescheiterten Versuch einer gerichtlichen Reorganisation wurde das Unternehmen am 30. April 2025 endgültig für zahlungsunfähig erklärt. Seitdem warten tausende Kunden auf Rückerstattungen für annullierte Flüge – mit geringen Aussichten auf Erfolg.
Fünf Millionen Euro Schaden bei Reisevermittlern
Laut Ectaa belaufen sich die offenen Rückerstattungsforderungen auf rund acht Millionen Euro, mehr als fünf Millionen Euro davon betreffen Tickets, die über Reisebüros und Veranstalter verkauft wurden. Die Branche müsse regelmäßig für Ausfälle aufkommen, obwohl sie die Flüge lediglich vermittelt oder im Rahmen von Pauschalreisen eingebunden habe. Der finanzielle Schaden treffe überwiegend kleine und mittlere Unternehmen, die rund 98 Prozent der Reisevermittler in Europa ausmachen.
"Wenn ein Veranstalter ein Flugticket als Teil einer Pauschalreise verkauft und die Airline geht pleite, muss er dem Kunden auf eigene Kosten ein Ersatzangebot machen – ohne Aussicht auf Rückzahlung durch die insolvente Fluggesellschaft", erklärt Ectaa-Präsident Frank Oostdam. Dieses System sei "weder fair noch nachhaltig".
Reisevermittler tragen das Risiko
Das grundlegende Problem: Flugtickets müssen oft Monate im Voraus vollständig bezahlt werden. Kommt es zur Insolvenz, sind sowohl Verbraucher als auch Mittler kaum geschützt. Laut Ectaa gab es in den vergangenen 25 Jahren weltweit rund 1.200 Insolvenzen von Passagierfluggesellschaften – ein strukturelles Risiko, das auch Steuerzahler treffen könne.
Die Pleite von Air Belgium sei nur das jüngste Beispiel. Oostdam betont: "Der Fall zeigt erneut, dass das aktuelle System Verbraucher und Vermittler unzumutbaren Risiken aussetzt. Fluggesellschaften müssen verpflichtet werden, finanzielle Garantien für den Insolvenzfall vorzuhalten."
Gelegenheit für gesetzliche Lösung
Aktuell bietet sich aus Sicht von Ectaa eine politische Gelegenheit: Die EU-Staaten diskutieren derzeit über die Reform der Fluggastrechteverordnung (Verordnung 261/2004). Der Verband fordert, die Chance zu nutzen und eine verbindliche Regelung zur finanziellen Absicherung bei Airline-Insolvenzen aufzunehmen.
Eine solche Maßnahme sei einfach umzusetzen und würde sowohl Kunden als auch Vermittler schützen. Als mögliches Modell nennt Ectaa den dänischen Garantiefonds für Flugtickets. Dort sind alle Airlines verpflichtet, sich an einem Sicherungsfonds zu beteiligen, der im Insolvenzfall einspringt.
Branche sieht akuten Handlungsbedarf
Ectaa macht sich schon länger für einen verpflichtenden Insolvenzschutz stark, während etwa der DRV in dieser Hinsicht zurückhaltend ist. Der jüngste Fall habe den Handlungsdruck weiter erhöht, so Oostdam: "Reisevermittler sind das Rückgrat des Reisemarkts. Ohne ausreichenden Schutz tragen sie allein die finanziellen Folgen von Missmanagement bei Airlines. Jetzt ist der Moment für Veränderungen."
Der Verband appelliert an die EU-Politik, den Reformprozess zu nutzen, um die Rechte der Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette im Flugbereich endlich abzusichern.
Christian Schmicke