"Anbieter von Zusatzleistungen müssen Hausaufgaben machen"
Dennis Hänsdieke (Foto) ist verwundert über die schlechte Performance mancher Dienstleister im Bereich Ancillaries. Wichtig sei in der aktuellen Situation, dass Angebote automatisiert liefen, sagt der Geschäftsführer der Top Travel Reisebüros. Denn bei dem akuten Personalmangel habe man genug mit dem Reiseverkauf selbst zu tun.
"Die größte Sorge der Reisebüros ist der Fachkräftemangel", sagt Hänsdieke, der selbst vier Filialen in der Region Münster betreibt. Darum berate sein Team bevorzugt auf Termin und könne Zusatzverkäufe ganz klassisch am Counter nicht leisten. Wenn überhaupt seien allenfalls Mietwagen interessant. "Aber dafür betreiben wir keinen großen Aufwand“. Zumal das im Moment ein unerfreuliches Thema sei, mit absurd hohen Preisen in manchen Zielen.
"Rentabilität geht ganz klar in Sachen Reiseabschluss vor Ancillary", so Hänsdieke. Parkplätze am Flughafen verkaufe Top Travel am Counter gar nicht, genauso wenig wie Lounge-Zugänge oder Ausflüge. Nur über die Digitalisierung sei das machbar, das System greife nach und biete den Kunden etwas an. Ausflüge oder andere Extras buchten Kunden spontan und vor Ort.
Viel Arbeit, wenig Ertrag
Vor allem Touren seien viel zu viel Aufwand, sagt der Verkaufsprofi. Wenn es etwa um eine Buchung bei Musement oder Get your Guide gehe, bekomme er eine E-Mail mit den Informationen und müsse den Auftrag manuell anlegen, die Zahlung verbuchen und noch mehr. Da kein Anschluss ans Midoffice bestehe, bleibe von der Mini-Provision nichts übrig. "Die Dienstleister hinter den Ancillaries müssen ihre Hausaufgaben machen, denn mit einer IBE läuft der Auftrag automatisch ein, stellt die Provision fest und macht in dem Moment kaum Prozesskosten", sagt der Reisebürochef.
"Wir versuchen, die Kunden zu erziehen"
Ärgerlich sei der Trend bei Airlines, die Tarife immer weiter abspecken. "Wenn man zum Beispiel Tuifly nimmt, die haben das Gepäck pro Person auf 15 Kilogramm reduziert", sagt er. Und kein Pauschalreisender unter seinen Kunden wolle das, bei jedem müsse erhöht werden – manuell und aufwendig. Wenn man jetzt noch Sitze buchen würde und vielleicht sogar das Essen, das könne ein Reisebüro nicht leisten. "Darum versuchen wir die Kunden zu erziehen mit Hilfe zur Selbsthilfe, wo sie was finden", sagt er. Wenn es dann trotzdem Probleme gebe, greife man den Kunden unter die Arme – etwa, wenn sie keine Kreditkarte hätten. Für solche Services werde keine Service Fee fällig.
Vom Urlaubsberater zum Krisenmanager
Zum Ende des Gesprächs kommt Hänsdieke nochmal auf das Thema zurück, das ihm derzeit unter den Nägeln brennt – der Personalmangel. "Der Beruf muss wieder attraktiver werden", sagt er. Die Branche müsse dringend mehr ausbilden, doch leider täten sich viele Kollegen schwer mit dem Thema.
Er selbst hat vier Reisebüros mit 16 Mitarbeitern, darunter zwei Azubis, und findet derzeit keine Neuen. Er erklärt sich das durch einen zu hohen Druck, der auf Mitarbeitern laste, sie seien Krisenmanager statt Urlaubsberater. "Das hat ja mit der Pleite von Airberlin und Thomas Cook schon angefangen", sagt er. "Wir müssen bessere Gehälter zahlen, Homeoffice anbieten und uns vom Kunden nicht mehr so die Öffnungszeiten diktieren lassen". Auch Modelle mit Geschäftszeiten von Montag bis Freitag könnten funktionieren, samstags bleibe das Büro zu. Der Umsatz gebe das her und das Personal habe mehr Freizeit.