Bessere Lenkung von Besuchern durch GPS-Daten-Auswertung
Wie sich Kreuzfahrttouristen in Hamburg bewegen, haben Forscher der Hochschule Harz und der FH Westküste anhand anonymisierter Smartphone-Daten untersucht. Die Studie zeigt Unterschiede zwischen deutschen und ausländischen Gästen und liefert Ansätze, wie Großstädte Besucherströme gezielter lenken können.

Cruise Gate Hamburg
Forscher der FHs Harz und Westküste haben untersucht, wie sich Kreuzfahrtbesucher beim Landgang in Hamburg verteilen
Wo sich Kreuzfahrtpassagiere in Hamburg am liebsten aufhalten, haben die Professoren Sven Groß von der Hochschule Harz und Julian Reif von der FH Westküste untersucht. Grundlage ihrer Studie waren anonymisierte Standortdaten von Smartphones, die Kreuzfahrtgäste während ihres Aufenthalts in der Stadt nutzten. Die Untersuchung zeigt, wie digitale Spuren helfen können, Touristenströme zu verstehen und gezielt zu lenken. Die Ergebnisse erschienen im "International Journal of Tourism Cities".
Die Forscher werteten Daten von 1.431 Geräten aus, die im Jahr 2019 an einem der drei Kreuzfahrtterminals des Hamburger Hafens registriert wurden. Berücksichtigt wurden nur Smartphones, die sich zuvor oder im Anschluss mindestens sechs Tage im Ausland befanden. So stellten die Wissenschaftler sicher, dass es sich tatsächlich um Kreuzfahrtgäste handelte. Geräte von Anwohnern und Beschäftigten im Hafenbereich wurden ausgeschlossen.
Neue Datenquelle für Tourismusforschung
"Wir alle hinterlassen bei der Nutzung von Smartphone-Apps digitale Spuren", sagt Groß. Diese Daten würden häufig von Big-Data-Anbietern gesammelt, um Werbung zu personalisieren oder Märkte zu analysieren. Für die Tourismusforschung sei die Nutzung solcher Daten bislang kaum erprobt, betont der Wissenschaftler. Das Deutsche Institut für Tourismusforschung hatte das Projekt unterstützt, die GPS-Daten stellte das Unternehmen MB Micromarketing bereit.
Die Forscher griffen auf Datensätze aus dem Jahr 2019 zurück, um pandemiebedingte Verzerrungen zu vermeiden. Laut Groß ist der Ansatz effizienter als herkömmliche Methoden wie Befragungen oder GPS-Tracking einzelner Personen. "Der Erkenntnisgewinn ist deutlich größer, bei wesentlich geringerem Aufwand", erklärt er.
Beliebte Ziele und klare Unterschiede
Aus den Bewegungsprofilen konnten die Wissenschaftler elf besonders häufig besuchte Orte identifizieren. Deutsche Kreuzfahrtgäste hielten sich bevorzugt in der Nähe des Hauptbahnhofs, am Baumwall, an den Landungsbrücken und am Fischmarkt auf. Das deute auf eine starke Verbindung zum maritimen Umfeld hin, so Groß.
Ausländische Touristen konzentrierten sich dagegen stärker auf zentrale Einkaufsstraßen wie Jungfernstieg und Mönckebergstraße und wurden häufiger am Flughafen registriert. Insgesamt zeigte sich, dass sich deutsche Gäste deutlich stärker über das Stadtgebiet verteilten, während sich ausländische Reisende auf die Innenstadt konzentrierten.
Ansätze für gezielte Besucherlenkung
Die Forscher sehen in ihren Ergebnissen Ansatzpunkte für die Stadtplanung und das Destinationsmanagement. "Anreize könnten geschaffen werden, damit ausländische Touristen einen größeren Radius nutzen und Hotspots entlastet werden", sagt Groß. Umgekehrt ließe sich das Interesse deutscher Besucher an Zielen abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten durch spezielle Angebote wie Nahverkehrstickets fördern.
Für die Wissenschaftler markiert die Arbeit erst den Anfang einer neuen Datenbasis für die Tourismusforschung. "Wenn diese Daten mit weiteren Quellen kombiniert werden könnten, etwa mit Informationen zu Verkehrsmitteln, Ausgaben oder demografischen Merkmalen, ließen sich präzisere Strategien zur Entlastung überlaufener Orte entwickeln", so Groß.
Christian Schmicke